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Die Urzeugungsfrage



... Den Sinn des Lebens kennen wir nicht. 
Kaum ahnen wir seine Herkunft.  Noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts schworen sehr viele Naturforscher auf die Urzeugung.  Man glaubte, daß in früheren Erdzeiten Zustände geherrscht hätten, die der Bildung von lebendem Plasma aus unbelebten Bausteinen günstig waren. Diese Anschauung ist an sich nicht zu widerlegen, wenn man sich auch fragen muß, warum heute nicht irgendwo ähnliche Bedingungen auf der Erde vorhanden sein sollen; denn erwiesenermaßen hat bisher niemand Leben entstehen sehen.  Das beweist indessen gar nichts; denn die Urentstehung eines einfachsten Plasmaflöckchens, also eines allereinfachsten lebenden Klümpchens, dürfte zu beobachten nur in den allerseltensten Fällen möglich sein.
Nur in einem einzigen Falle, das heißt in einer einzigen Untersuchungsreihe unter jeweils wiederholbaren Bedingungen, ist es gelungen, jeweils die Beobachtung eines Stoffes zu machen, der aller Wahrscheinlichkeit nach lebendes Plasma darstellt.  Das wäre also die Lösung der Urzeugungsfrage.
Was von Adolf Ackermann bisher festgestellt wurde, war die Tatsache, daß beim Rosten des Eisens, das er beobachtete, sich auch bei keimfreiem Arbeiten ein Stoff bildet, der plasmatischen Bau besitzt, sich bewegt, Zellbildung aufweist und vorerst gestattet zu sagen, daß anscheinend das Eisen die Rolle eines Auslösers bei diesem Vorgange spielt.  Plasmafeindliche Stoffe, wie Gifte, verhindern das Auftreten.  Dagegen vermehren organische Nährstoffe oder unorganische Nährsalze die Rostbildung.  Das Auftreten des Rostes in Kolonien, sein Gehalt an Ammoniak (Stickstoff), die Rost befördernde Wirkung des Lichtes, die schweren Blutvergiftungen durch den bekannten rostigen Nagel und nicht zuletzt die Urzeugung werden hier in ganz neues Licht gerückt. 

Wird also erwiesen, daß Leben aus sogenannten unorganischen, also unbelebten Stoffen entsteht, so wäre damit grundsätzlich die Urzeugung als überall dort möglich aufgezeigt, wo sich die entsprechenden Vorbedingungen finden.

Ehe wir uns mit den Folgerungen beschäftigen, scheint es aber nötig, auf philosophischem Wege zu untersuchen, ob und wieweit derartige Ergebnisse sich in das Erleben einfügen.
Schon vordem habe ich betont, daß der sogenannte Monismus keine Weltanschauung, sondern eine Beobachtungsweise ist.  Die Einheit in der Natur ist heute eine kaum mehr bezweifelbare Tatsache.  Daß dieses Erfassen der Welt unter einheitlichen Gesichtspunkte noch vor einem Menschenalter so neu erschien, das liegt am Spezialistentum.  Die Astronomie hatte nichts mit der Biologie zu tun; neben der Physik ging gewissermaßen einsam und getrennt von ihr die Chemie; die Geologie hatte nur sehr lose Berührungspunkte mit der jungen Wetterkunde; Medizin war nur die Wissenschaft vom kranken Menschen; die Mathematik allein griff in Physik, Chemie und Astronomie hinüber; die Sprachforschung, die Philologie, war für den Naturwissenschaftler ein Rührmichnichtan.  Und so ging es fort.  Die Geschichte der Wissenschaften zeigt, daß im besten Falle ein Nebeneinander der einzelnen Forschungsgebiete, sehr oft ein Gegeneinander, nur selten ein Mitteinander stattfand.
Nicht immer ist es so gewesen.  Die Trennung der Naturwissenschaft in Spezialistenäcker geht etwa erst bis auf Johannes Kepler zurück und täuschte nun jene Vielheit der Natur vor (1).
Es waren immer nur bedeutende Köpfe, die zwischen den verschiedenen Gebieten Brücken schlugen.  Ich erinnere nur an Wilhelm Ostwald, den Begründer der Physikalischen Chemie, jenes Gebietes, das also halb Chemie, halb Physik ist.  Heute zweifelt kein Einsichtiger mehr daran, daß es Chemie überhaupt nicht gibt, sondern daß die "Schwarze Kunst" nichts ist als ein Teil der Physik.  Die Aufhebung der Chemie ist mit der Tatsache des Atomaufbaues aus Kernen und Elektronen unabwendbar geworden.
Die Lebenskunde stand früher mit der Wissenschaft vom Kosmos wohl nur durch die geheimnisvoll-dunkle Sterndeutekunst in Verbindung.  Da heute die Abhängigkeit des Lebens von der Sonne, den Planeten und gewiß auch von der inneren Milchstraße erwiesen ist, so wird auch die unverständliche Zurückhaltung der Wissenschaft überwunden werden und einer ernsten Prüfung der Astrologie Platz machen müssen, genau so, wie es mit Suggestion und Hypnotismus der Fall war.  Die Astrologie, der ich hier im ganzen keineswegs das Wort rede, war also die einzige Verbindungslinie zwischen Weltall und Leben, bis Svante Arrhenius den Gedanken der Übertragung des Lebens von Stern zu Stern in geistvoller Weise zur Besprechung stellte.  Das sind nur zwei Beispiele, aber sie zeigen, was gegenwärtig auch an vielen anderen Punkten sichtbar ist, daß es nicht 10 oder 20 voneinander getrennte Wissenschaftsgebiete gibt, noch geben kann, sondern nur eine einzige Betrachtungsweise der Natur.  Die Ergebnisse einer solchen, wenn man will, monistischen Weltansicht, werden dann durch die Philosophie, die Lebensweisheit zusammengefaßt, um uns das Ziel alles Wissens und Strebens, die Möglichkeit der Vollendung unseres Menschentums aufzuzeigen.
Es sollte aber bei alledem eines nicht außer acht gelassen werden.  Man mag das Weltwesen drehen und wenden, wie man will, man mag sich auf den ebenso lächerlichen wie überheblichen Standpunkt stellen: Über uns gibt es keine andere Macht, ein höheres Sein im weitesten Sinne ist undenkbar, oder man mag als Angehöriger irgendeines Glaubensbekenntnisses den Gott in irgendeiner Form erfühlen - wir kommen, wenn wir einmal das ganze Geschehen zu Ende denken, niemals um die nicht wegzuschiebende Tatsache herum, daß es heller Wahnsinn ist, diese Welt und das Leben mit unserem engbegrenzten Menschenwitz allein und selbständig erklären zu können.  Der Dünkel, die Welt ohne eine geistige Weltübergewalt, ohne die Überzeugung von einem höheren Weltwillen begreifen oder gar umschaffen zu wollen, das ist einfach naturwidrig, also schlechtweg unsittlich.  Es muß dem einzelnen, seinen Einsichten und seinen Gefühlen überlassen bleiben, ob er den "Großen Unbekannten " als Wallensteins Weltgeist, als Platos Weltseele, als Kants Ding an sich, als den Baumeister der kalt und klar blickenden Freimaurer, als Allah oder Jehova oder als Herr des Himmels empfindet - ganz gleich, aber ohne den Unbekannten, auf den alles hindeutet im erstaunlichen Bau und Getriebe des Weltwesens und seiner zu immer höherem Sein emporführenden Stufen, ist ein im tiefsten Inneren befriedigendes Weltbild undenkbar.  Darum leitet auch alle "monistische" Weltanschauung zum einzig möglichen Dualismus, zur Zweiheit der Ursachen; denn eine Ursache ohne eine andere - da geraten wir in Fernen, die unser Blick nicht mehr erfassen kann.
Das hieße also wohl sittliche Freiheit; eine Entnatürlichung der Sitte?  Ein alter Einwurf, den Kant schon mit einem sehr feinen und weisen Worte beseitigte, als er sagte: "Deswegen ist aber doch dem Menschen nicht erlaubt, in Ansehung dieses Geschäftes untätig zu sein und die Vorsehung walten zu lassen, als ob ein jeder nur seiner moralischen Privatangelegenheit nachgehen, das Ganze der Angelegenheit des menschlichen Geschlechts aber (seiner moralischen Bestimmung nach) einer höheren Weisheit überlassen dürfe.  Er muß vielmehr so verfahren, als ob alles auf ihn ankomme, und nur unter dieser Bedingung darf er hoffen, daß höhere Weisheit seiner wohlgemeinten Bemühung die Vollendung werde angedeihen lassen."
Mit diesen Gedanken aber biegt unser Weltbild der Tatsachen bewußt von den Mechanisten und ihrem nur "Kraft-Denken" ab und läßt aus dem Weltwesen auch ein ehernes und weltgebundenes natürliches Sittengesetz keimen.

Wir dürfen immerhin stolz darauf sein, einer Zeit anzugehören, die endlich die Stellung des Lebens und somit des Menschen in der Welt als Weltwesenteil erkannt hat und uns in der Welteislehre ein Mittel an die Hand gab, die Aufhebung der Einzelwissenschaften zugunsten eines einheitlichen Weltbildes vorzunehmen, um so unter einheitlichem Blick, der Einheit des Weltwesens, das noch kein Ding an sich ist, gegenüberzutreten und zu erfahren, welcher Weg wahrem Menschentum gangbar ist.
Man mag der Welteislehre gegenüberstehen wie man will, und ich wünschte, man stände ihr mit der reinen Seele eines Kindes gegenüber; man mag auch zugeben, daß die einem einzigen Hirn entsprossene Titanenarbeit, die sonst das Werk der Jahrhunderte und tausender Köpfe ist; man mag zugeben, daß die Zeit Änderungen und Erweiterungen bringen wird; aber sie bleibt das erste Weltbild, welches auf einem einzigen Gedanken fußend, die Welt einheitlich erklärt und auch die schwierigsten Fragen des Kosmos und der Erde auf eine Weise beantwortet, die, ohne Zuhilfenahme von Zwangshypothesen bis in die entferntesten Winkel leuchtet und, was uns hier angeht, erstmalig in jeder Einzelheit des Zusammenhangs den Kreis des Geschehens aufdeckt.  In der Welteislehre zeigt sich nun deutlich, was monistische Betrachtungsweise bedeutet, ohne monistische Weltanschauung zu sein.

Was aber ist einheitlicher als ein Kreislauf?  Hier ist eines vom anderen abhängig, hier bedingt das eine das andere.  Und wenn sich irgendwo Änderungen zeigen, dann ist das die Beantwortung einer Störung, die ausgeglichen werden muß, weil ein Vorgang, der ewig im Kreise verläuft, im ganzen ein harmonisches Gepräge bedingt.  Eine vollkommene Harmonie im einzelnen ist selbstverständlich ausgeschlossen, weil dann nirgends Spannungen sein und keine Bewegung, kein Ablauf stattfinden könnten.
Ist aber das Weltgeschehen ein ewiger Kreis, dann ist die notwendige Folge ein Stufenbau, wie wir ihn von der Kleinwelt zum Wald, Tier bis zum Menschen verfolgen.  Dabei zeigt sich nun, daß jede übergeordnete Stufe zu den Eigenschaften der untergeordneten neue hinzugewinnt, die sie besonders auszeichnen und die wieder als Grundlage der nächst höheren dienen und dort wieder mit Neuem bereichert eine neue Stufe bilden.
Es liegt also im Kreis des Geschehens beschlossen, daß - wenn tatsächlich Urzeugung erwiesen wird - das Leben grundsätzlich und erkenntnis- wissenschaftlich als höhere Stufe, aufgebaut aus niederen, möglich ist.

Walter Hirt war es, der ohne Kenntnis der Untersuchungen Ackermanns schon vor zehn Jahren (im Jahre 1914) eine beachtenswerte Arbeit geliefert hat, in der er es wahrscheinlich zu machen versuchte, daß bereits in der unbelebten Natur Eigenschaften vorhanden waren, die als Vorstufen des Lebens zu deuten sind.  Da sind die Krankheiten der Metalle, die lebensähnlichen Eigenschaften der flüssigen Kristalle, Hautbildung, Ernährung und Anpassung in der unorganischen Welt.  Selbst seelische Vorgänge versucht Hirt mit anorganischen Erscheinungen zu vergleichen (2).  Es scheinen sich also in der anorganischen Natur bereits Vorstufen, leise Ahnungen dessen zu finden, was wir Leben nennen.  Sollte es also gelingen, die vielversprechenden und merkwürdigen Untersuchungsergebnisse Ackermanns völlig beweiskräftig durchzuarbeiten, so wäre damit doch nur erwiesen, daß Leben auch durch Urzeugung entsteht.  Es ist aber keinesfalls gesagt, daß es nur durch Urzeugung auftritt, soweit unser Stern als belebte Oase in Frage kommt.  Wie schon kurz erwähnt, hat Svante Arrhenius die Ansicht ausgesprochen, daß das Leben aus dem Weltall zur Erde und von hier wieder ins Weltall strömt.
Er benutzt gewissermaßen als Reisewagen durch das All den seit Herschel und Moirau als Repulsivkraft bekannten Strahlungsdruck.  Schon lange vor ihm war also bekannt, daß Lichtstrahlen auf entsprechend kleine Körper, wie etwa die Sporen des reifen Bowistpilzes oder auf Bakterien einen Druck ausüben, der die Schwerkraft überwiegt.  Würden also im Weltraum Bakterien schweben und in den Anziehungsbereich der Sonne gelangen, so könnten sie nicht auf diese niedersinken, sondern würden mit außerordentlicher Schnelligkeit, von den Lichtstrahlen gedrängt, von der Sonne abge- stoßen werden und könnten, wie wir es bereits von der Feineisanblasung wissen, auf die Erde kommen.  Das wäre rein biologisch denkbar; denn die Bakterien vermögen außerordentlich lange Zeiträume in einer an den Winterschlaf anderer Tierarten erinnernden Form in einem Dauerzustand ohne erkennbare Lebensäußerungen zu überstehen.  An keimdicht abgeschlossenen Erdproben, die ein Alter von nahezu hundert Jahren hatten, wurde erwiesen, daß die darin enthaltenen Bakterien noch lebensfähig waren.  In ihrem Dauerzustand vermögen diese Kleinwesen auch ungeheure Kältegrade zu ertragen, ohne ihre Lebensfähigkeit einzubüßen.  Sie bringen also alle Vorbedingungen mit, um lichtdruckgetrieben lange Reisen durch den bitterkalten Weltraum machen zu können.  Die Allgegenwart der Keime im Kosmos darf also mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden.  Dann steht auch nichts im Wege, die Erde zur Zeit, als sie Leben zu tragen vermochte, durch Bakterien befruchten zu lassen.  Denn gerade in diesen winzigen Wesen schlummert eine Fähigkeit, die von ausschlaggebendem Wert für diesen Gedanken ist.  Ein solches Lebwesen kann sich ohne äußere Befruchtung durch einfache Teilung vermehren.  Ist aber einmal eine Bakterie zur Vermehrung auf der jungen Erde gelangt, so ist damit grundsätzlich der Stammbaum des Lebens bis zu den höchsten Wesen gesichert.  Arrhenius war also der erste, welcher den Strahlungsdruck für diese Frage nutzbar machte.  Und nicht zuletzt war es eben dieser Strahlungsdruck, der seinem geistvollen Weltbilde einen so ungemein starken Erfolg sicherte, auch dann, wenn man nicht an die Meteorentstehung aus dem vermeintlich infolge Strahlungsdruckes aus der Sonne entführten Sonnenstaubes oder an das Bakterienleben auf solchen Meteoren zu glauben vermochte.  Denn an sich ist es ganz ausgeschlossen, daß der Strahlungsdruck als solcher Sonnenstaub entführt; ausgeschlossen auch dann, wenn bedeutende Sternforscher diese Voraussetzung machen und nun zu Folgerungen gelangen, die jeder technischen Erfahrung widersprechen, aber dennoch heute zum unumgänglichen Besitz tieferen Wissens gehören.  Erst wenn wir Eis in die Sonne stürzen und infolge der Dampfexplosion Sonnenstaub bis in Fernen blasen lassen, in denen der Strahlungsdruck die Anziehung überwiegt, aber eben erst dann ist ein Hinaustreiben kosmischen Sonnenstaubes denkbar.  Daß er als Sonnenstaub nun bis auf ferne Sterne gelangt, liegt also nicht im Wesen des Sonnenstoffs und der auf unserem Taggestirn herrschenden Wärme, sondern in der Schleuderkraft des vom einstürzenden Eise erzeugten Dampfes.
Den Strahlungsdruck, um es nochmals zu wiederholen, als ursächlichen Erzeuger der Sonnenstaubwolken und Ströme zu betrachten, ist irrtümlich.
Eine Kosmologie aber, welche heute ohne Rücksicht auf die rein mechanische Wirkung des Lichtstrahls verzichten wollte, könnte und kann ebensowenig Anspruch auf ernstliche Beachtung machen, wie ein Weltbild, das sich auf Laplaces Nebelmärchen stützt.

Mit Hilfe des Strahlungsdruckes schien also die Allgegenwart des Lebens gesichert.  So hat man auch in den allerhöchsten Höhen der irdischen Lufthülle Bakterien angetroffen.  Und es besteht kein Zweifel, daß etwa gelegentlich der in gewaltigen Höhen emporschießenden Vulkanausbrüche größere Mengen Kleinwesen emporgetragen, hier vom Strahlungsdruck erfaßt und nun von der Erde aus in den Weltraum getrieben werden, um dann, wenn sie auf entsprechende Bedingungen treffen, einen neuen Stammbaum des Lebens zu begründen.
Auch hier also hängt das Leben im großen Kreis des Alls.  Und mit der winzigen Bakterie käme organisierter Stickstoff aus dem Kosmos auf die Erde.

Neuerdings haben nun ernste Forscher ihr Augenmerk auch auf die sogenannte meteorische Gallerte gerichtet.  Es liegen eine ganze Reihe glaubwürdiger Beobachtungen über den Niedergang solcher gallertig-plasmatischer Fladen vor, die aber nicht mit den üblichen ähnlichen irdischen Erscheinungen verwechselt werden dürfen.  Bisher hat sich die Wissenschaft auf den Standpunkt gestellt, es handele sich bei den gefundenen Massen um den von Raubvögeln ausgespienen Froschlaich oder um die nach Regen aufquellende Schleimalge Nostoc. 
Dieses Urteil wurde gefällt, ohne daß stoffliche Beobachtungen vorlagen, sondern nur um der Volksanschauung entgegenzutreten, es handele sich um Meteorgallerte oder, wie sie die Indianer nennen, den Speichel der Sterne.  Nun soll keineswegs geleugnet werden, daß sowohl Nostoc als auch Froschlaich mit der Meteorgallerte verwechselt werden können.  Es haben sich aber, wie gesagt, gewichtige Stimmen erhoben, welche der Zu- wanderung von organischem keimfähigen Plasma aus dem Weltall sehr wohl das Wort reden und davor warnen, die bisherige ablehnende Haltung der Wissenschaft als gesichert zu betrachten. 
Denn dann könnte jener Fall eintreten, der aus der Geschichte der Himmelskunde weit über ihre eigenen Grenzen bekannt geworden ist.  Obwohl nämlich sowohl im Morgen- wie auch im Abendlande seit dem Altertum das Herabfallen von Steinen aus der Luft eine feststehende und anerkannte Tatsache war, so bildete sich bei den Fachgelehrten des 18. Jahrhunderts immer mehr die Ansicht, alle derartigen Berichte seien als Ausgeburten krankhafter Phantasie aus den Werken exakter Forschung zu streichen; denn das Herabfallen von Steinen widerspreche bekannten Naturgesetzen.  Aus den wissenschaftlichen Sammlungen wurden die bis dahin als Seltenheiten geschilderten Meteorsteine entfernt, um sich durch deren Aufbewahrung nicht lächerlich zu machen.  Als dann gar bei der Akademie der Wissenschaften in Paris die von mehr als dreihundert Augenzeugen unterzeichnete, vom Bürgermeister verfaßte Schilderung eines am 24. Juli, abends nach 9 Uhr, in Juillac in der Gascogne niedergegangenen Steinfalles anlangte, "fand man es sehr erheiternd, daß man über eine solche Absurdität ein authentisches Protokoll erhalten könne, und Berthelon konnte nicht umhin, eine Gemeinde zu bemitleiden, die einen so törichten Maire besitze, der solche Märchen glaube."  Derselbe Gelehrte sprach auch im "Journal des sciences utiles" seine Meinung aus: "Wie traurig ist es nicht, eine ganze Munizipalität durch ein Protokoll in aller Form Volkssagen bescheinigen zu sehen, die nur zu bemitleiden sind!  Was soll ich einem solchen Protokoll weiter beifügen?  Alle Bemerkungen ergeben sich dem philosophischen Leser von selbst, wenn er dieses authentische Zeugnis eines offenbar falschen Faktums, eines physisch unmöglichen Phänomens liest."
Das war 1790.  Die fallenden Steine wurden hinweg-philosophiert.  Jetzt haben wir 1924......

Doch wir kehren zur Meteorgallerte zurück.  Wenn die Wissenschaft teilweise ihr Dasein anzweifelt, so besagt das nichts gegen ihr Vorkommen.  Denn schon der Nostocausweg ist unglaubwürdig.  Sehr richtig macht Hörbiger darauf aufmerksam, daß es bei einer Schleimalge doch sehr wunderbar wäre, wenn man sie auf trockenen Plätzen erst nach dem Regen auffinden würde, sie also, die ihrer ganzen Lebensweise nach doch an die Feuchtigkeit angepaßt ist.  Man sollte vielmehr meinen, daß sie an dauernd feuchten Orten lebt.  Es besteht also in der Tat hohe Wahrscheinlichkeit, daß wir aus dem Kosmos lebensfähiges Plasma erhalten, das weder mit Froschlaich noch der Schleimalge etwas zu tun hat.  Während nun die Meteore infolge ihrer Bildungsweise sicherlich im Innern keine Bakterien enthalten können und solche auf der Oberfläche etwa im Weltenraum angesetzte Lebewesen durch das Aufglühen vernichtet werden müßten, somit also die Annahme von Arrhenius einige Abschwächung erfährt, ist der Gedanke des im Eis einge- schlossenen und konservierten Plasmas viel näherliegend.  Solche lebenden Plasmafladen sind keinerlei Vernichtungen ausgesetzt und können nach Abschmelzen oder Zerspringen der Eishülle sehr wohl als Lebenskeime gewertet und als kosmische, wenn auch unwesentliche Stickstoffquelle angesprochen werden. .......

Hanns Fischer

(Wir verweisen hier auf die heutigen Erkenntnisse zur "Urzeugungsfrage": Aktualität der Welteislehre - s. Punkt 7)


(Buchquellenauszug: "Rhythmus des kosmischen Lebens" v. Hanns Fischer, R. Voigtländers Verlag, Leipzig, 1925)




Quellen:
1) Vgl. Johannes Kepler, "Das Weltgeheimnis".  Übersetzt und eingeleitet von Max Caspar. 1923.  Dr. Bruno Filser Verlag, Augsburg.  Eine ganz vorzügliche Ausgabe.
2) Vgl. Dr. Walter Hirt, "Die Einheit in der Natur, eine naturwissenschaftlich-psychologische Studie" und "Die Entschleierung der Seele", eine neue Theorie.  Gemeinverständlich dargestellt.  1923.  Beide Werke bei Hugo Bermühler Verlag, Berlin-Lichterfelde.