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Walter Rathenau und der Rapallo-Vertrag


Warum wurde Walter Rathenau umgebracht?
War dies geschehen, nur weil er ein Sozialist war oder steckte mehr dahinter?
Diese Fragen wollen mir mit den folgenden Artikel versuchen zu beantworten.

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(Quelle: Der Z-Plan - Anmerkungen)


Die Welt hielt den Atem an, als am symbolträchtigen 24.Juni 1922 um 11h00 der deutsche Aussenminister Walter Rathenau im offenen Wagen auf dem Weg von seiner Wohnung in das deutsche Aussenministerium in Berlin von einem ehemaligen Seeoffizier erschossen wurde.  Was war diesem Attentat vorausgegangen?
1922:  Walther Rathenau und der Rapallo-Vertrag.
Am 16.April 1922, also fast genau zwei Monate vor seiner Ermordung, überraschte Rathenau die westalliierten Ententemächte auf der internationalen Wirtschaftskonferenz in Genua mit einer politischen Bombe.  In Anwesenheit des sowjetischen Aussenministers Tschitscherin präsentierte er der verblüfften Versammlung das zwischen Deutschland und der Sowjetunion ausgehandelte Wirtschaftsabkommen von Rapallo.  Es beinhaltete den Verzicht der russischen Seite auf die Reparationszahlungen aufgrund des Vertrags von Versailles.
Im Gegenzug verpflichtete sich Deutschland zur Lieferung wichtiger industrieller Technologien an die Sowjetunion, was einem Faustschlag ins Gesicht jener Bankerkreise gleichkam, die sich gerade von jenem Wirtschaftsgipfel eine Annäherung Englands und Frankreichs an das russische Imperium erhofft hatten.  Das Rapallo-Abkommen versetzte Deutschland darüber hinaus in die Lage, seine Schulden an die Westmächte zurückzahlen zu können, bei gleichzeitigem Aufbau intensiver deutsch-sowjetischer Handelsbeziehungen.
Die Rechnung dafür bezahlte Walther Rathenau am 24. Juni 1922! 
Der deutsche Gesandte, Harry Graf Kessler, schrieb dazu:
Wer diesen völlig mittellosen Knaben und jungen Leuten das Geld für diese kostspieligen Vorbereitungen gab, ist, wie der Oberreichsanwalt im Prozess hervorhob, trotz eingehender Untersuchungen, nicht festzustellen gewesen (in Walther Rathenau, S.361).
Welches waren aber die damaligen Voraussetzungen?  Hierzu ein Ausschnitt aus F.William Engdahls Buch "Mit der Ölwaffe zur Weltmacht" (S.110-112):

Rathenau wusste sehr wohl, dass die Kosten des verlorenen Weltkrieges allein schon den Keim einer gefährlichen Inflation gelegt hatten.  Im Jahre 1919 war die Golddeckung der Reichsmark auf die Hälfte des Vorkriegsstandes zusammengeschrumpft.  Die Grosshandelspreise waren laut amtlicher Statistik kriegsbedingt um 150% gestiegen, die Schwarzmarktpreise um weit mehr.  Der Krieg war in Deutschland anders als in England ausschliesslich durch Kriegsanleihen der eigenen Bevölkerung finanziert worden.  Für Deutschland hatte kein Bankhaus Morgan Gelder im Ausland aufgetrieben.  Deutschland war vielmehr systematisch von den internationalen Kreditmärkten ausgeschlossen gewesen.....
Erst im Mai 1921 traf sich das Reparationskomitee der Siegermächte, um den endgültig aus Deutschland einzutreibenden Betrag und die Zahlungsbedingungen festzulegen.  Das Ergebnis war das sogenannte "Londoner Ultimatum".  Es legte fest, dass Deutschland ausser den bereits erwähnten Sachlieferungen noch Verbindlichkeiten in der für damalige Ohren astronomischen Höhe von 120 Milliarden Goldmark zu übernehmen hatte.  Selbst britische Experten, wie John Maynard Keynes, hielten diese Summe für das dreifache dessen, was Deutschland mit einiger Wahrscheinlichkeit würde aufbringen können.  Hohe Zinsen, Sonderzölle auf alle Waren und diverse Steuern als Zahlungsgarantien bluteten das Land aus.
Und nun kam der Rapallo-Vertrag.  Er allein hätte der deutschen Wirtschaft jedoch kaum auf die Beine helfen können.  Was die westlichen Alliierten an dem Vertrag wirklich erschreckte, war etwas ganz anderes.  Der Vertrag sah nämlich vor, dass die Deutschen den Sowjets die Industrieanlagen liefern sollten, die sie befähigt hätten, die Ölfelder von Baku selbst und unabhängig von westlichen Firmen zu betreiben.  Darüber hinaus hatten sich die Deutschen als Gegenleistung verpflichtet, in ihrem Land ein Netz von Öl- und Benzinlagern sowie Tankstellen einzurichten, das der Vermarktung sowjetischen Öls gedient hätte.  Zu diesem Zweck hatte man eigens eine Firma, die Deutsch-Russische Petroliumgesellschaft oder "DEROP" gegründet.  Damit hätte sich Deutschland aus dem eisernen Griff der britischen und amerikanischen Ölkartelle befreien können, die nach Versailles den deutschen Markt unangefochten beherrschten.
Zwei Tage nach der Bekanntgabe der Rapalloverträge übergaben die westlichen Alliierten in Berlin ein Protestschreiben.  Wenig später, am 24. Juni, folgte die Ermordung Rathenaus.  Die zwei Täter, Erwin Kern und Hermann Fischer, sollen Angehörige rechtsradikaler Kreise gewesen sein.  Das Geschehen unmittelbar danach erinnert stark an die Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy:  Der eine Mörder Rathenaus kam bei der Festnahme, im Laufe eines Schusswechsels mit der Polizei, ums Leben, der zweite soll unmittelbar nach der Festnahme Selbstmord begangen haben.  Beim Kennedy-Mord wurde erst der angebliche Mörder, Lee Harvey Oswald, durch den Barbesitzer und CIA-Mitarbeiter Jack Ruby (Anm: Rubinstein) erschossen, der kurz darauf an galoppierendem Krebs gestorben sein soll. 

Rapallo wurde nicht hingenommen:  Die französische Regierung nahm einen geringfügigen Verzug der Reparationszahlungen zum Anlass, ins Ruhrgebiet einzumarschieren und somit das wichtigste deutsche Industriegebiet zu besetzen.  Deutschland war damit ausserstande, den Rapallovertrag zu erfüllen.  Im übrigen schickten sich Montagu Norman, der Präsident der Bank of England (englische Notenbank) und sein Freund Harrison, Präsident der amerikanischen Federal Reserve (US-Notenbank) an, den entscheidenden Gegenschlag gegen dieses unliebsame deutsch-russische Abkommen auszuführen.  Man vergab an die deutsche Regierung astronomische Kredite zu überhöhten Zinsen, womit die Reparationszahlungen an die Entente-Mächte abgesichert werden sollten.  Man füllte sich also nicht nur zweimal die Taschen, sondern unterband das Gedeihen der wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands mit Russland.  Oder, steckte noch eine andere Absicht dahinter?
Denn plötzlich versiegte der künstliche Geldstrom.  Das Chaos brach aus.
Es folgte die Geldentwertung.  Einige Herren liessen den Börsencrash (1929) "stattfinden" - und die deutsche Wirtschaft versank in einen historischen Tiefstand.