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Uralte Höhlenbauten im Hochland von Äthiopien



Vorgeschichtliche Höhlenbauten auch im Hochland von Abessinien (1)

In der "Umschau" Heft 38, 1928, berichtet Max Grühl, der Leiter der deutschen Nil-Kaffa-Expedition 1925/1926 über Höhlenbauten am Managascha (3500 m) im abessinischen Bergland von Schoa.  Nach Hörbiger flüchteten die Menschen vor der Gürtelflut des nahe an die Erde herangeschraubten Tertiärmondes auf die hohen Gebirge, wo sie in mehr oder weniger ausgedehnten Höhlenanlagen Schutz suchten und fanden. (2)
Derartige Bauten finden sich bekanntlich im Hochland von Peru, wo sie als sogenannte Inkabauten der Wissenschaft bisher eine harte Nuß waren.
Auch am Elgon in Afrika südlich des Äquators sind derartige Höhlen gefunden.

Nun also auch im Habesch, diesem massigen Bergklotz, der wie eine trotzige Feste aus einer flacheren Umgebung hervorragt.  Grühl berichtet,
der Name Managascha bedeute "Heiliges Land", und tatsächlich sei der Berg und seine Umgebung seit Urzeiten Eigentum des abessinischen Papstes (Abuna) und der Priesterschaft.  Sollten die halbchristlichen Priester der jetzigen Herren des Landes dieses Vorrecht nicht schon von ihren heidnischen Vorgängern übernommen haben?  Ist es nicht seltsam, daß dieser Berg als heilig galt? 
Wenn man annimmt - und diese Annahme liegt für jeden Kenner der Welteislehre sehr nahe -, daß der Managascha seiner Zeit die Zuflucht des vom steigenden Wasser bedrohten Volkes war, dürfte die Bezeichnung "Heiliges Land" äußerst verständlich sein.  Leider war es Grühl noch nicht möglich, die zahlreichen Höhlen, in denen er auch seltsame Felsenbilder fand, näher zu erforschen.  Er entdeckte auch einige Feuerstellen und Reste von Obsidianmessern (die bekanntlich im altmexikanischen Kult eine große Rolle spielten).  Wie ernst der Forscher seine Entdeckung nimmt, erhellt daraus, daß er absichtlich vermied, oberflächlich zu "buddeln", da sonst - wie er sagt - mehr geschadet als genützt werden könnte.  Er schließt seine Abhandlung mit den Worten: "Man wird vielleicht zu überraschenden Ergebnissen bezüglich der Blütezeit der Managascha-Stadt kommen." 
Wenn Gühl also von einer Managascha-"Stadt" spricht, muß es sich immerhin um eine sehr ausgedehnte Wohnhöhlenanlage in Bergeshöhen handeln,
die heute so gut wie menschenleer sind.  Hoffentlich findet sich bald die Möglichkeit, eine Expedition in jene Gegenden zu entsenden. -



(Bildquelle/-text: Buch "In mondloser Zeit" von Hanns Fischer, 2. Auflage, 1928, Jungborn Verlag Rudolf Just, Bad Harzburg)
Linke Karte: Die Wohngebiete der Erde zur Zeit des "Großen Wassers" der Früh-Indianer, also in kurz vorsintflutlicher Zeit.  Die dunkelgehaltenen Gebiete - vor allem auch die afrikanischen und Sunda-Lebensinseln - sind für Menschen bewohnbar.  Die beschrafften Gegenden waren wahrscheinlich ebenfalls bevölkert.  Eine Erweiterung der Wohngebiete in höhere Breiten ist durch die dort vorherrschende Vereisung (Eiszeit!) unmöglich.  Gepunktete Gebiete: von der Gürtelhochflut bedeckt.  Es ist überraschend, wie diese aus der von Hörbiger erschlossenen Flutbewegung gewonnenen Ergebnisse mit der Karte von Vavilov übereinstimmen (rechte Karte) . (Nach Hanns Fischer gezeichnet von Prof. Maier.)

Rechte Karte: Die Ursprungsgebiete der Kulturpflanzen nach Vavilov decken sich auffallend mit den auf ganz anderen Wegen gefundenen Wohn- oder Ur-Kulturgebieten kurz vor der Sintflut. (Nach Vavilov.)


Es sei noch angemerkt, daß in dem letzten Werke von Hanns Fischer: "In mondloser Zeit", Auf den Spuren vormondlicher Kulturen, 2. Auflage,
Bad Harzburg, sich eine Gegenüberstellung zweier völlig unabhängig voneinander erarbeiteter Karten findet: die von Fischer stammende Karte der Wohngebiete zur Zeit der Tertiär-Hochflut und die Karte der Urgebiete unserer Kulturpflanzen des russischen Gelehrten Prof. Vavilov.  Beide Karten stimmen überraschend zusammen.  Und auf beiden Karten ist das Hochland von Abessinien, wo jetzt also Grühl die vorgeschichtlichen Höhlen entdeckte, oder sie wenigstens in Begleitung ihres Entdeckers, Dr. Gavriloff, besuchte, als Urkulturland eingezeichnet, gewiß eine hochwertvolle Übereinstimmung.  Und das Ergebnis ist verständlich, da aus naheliegenden Gründen jene Kulturvölker vor der Sintflut vorwiegend Ackerbauvölker gewesen sein dürften.

v. Bothmer





Auf der Fährte des Urmenschen in Abessinien (3)

Unter den Bergen Abessiniens nimmt der Managascha (*) eine ganz besondere Stellung ein.  Bis zu 3500 Meter wirft er seine kahlen Gipfel empor.  Von dem Urwald, der ihn in früheren Zeiten bekleidete, sind nur noch auf den westlichen Hängen geringe Reste vorhanden. 
Die Amhara haben den Wald vernichtet und seine Wiederaufforstung künftigen Geschlechtern überlassen.  Während die Vegetation der Hänge noch tropisch oder subtropisch ist, nimmt sie in größeren Höhen rein afrikanisch-alpinen Charakter an.  Zu bizarren Felsenformen gesellen sich hier solche bizarrer Pflanzen.  Sie verleihen der Landschaft ein solch eigenartiges Gepräge, daß die Gestaltung der Gedankenwelt einfacher Menschen, die hier eine Heimstatt suchten, in ganz bestimmter Richtung beeinflußt werden mußte.

Sehr frühzeitig wurde die Bergwelt zum Sitz der Götter oder der Geister, zum "heiligen Land".  Und so kam es wohl auch, daß, als die christlichen Amhara das Bergland eroberten, das Gebiet des Managascha zum Eigentum der christlichen Priester wurde.  Noch heute sind der Abuna und seine Geistlichen Eigner des Managascha.  In der Nachbarschaft des großen Berges erhebt sich der Phonolithkegel des Kleinen Managascha, auf dessen Kuppe sich Reste alter Heiligtümer befinden.  Hier haben auch die Amhara eine christlich-äthiopische Kirche errichtet.

Schon wiederholt hatte Dr. Gavriloff, der mir bei meinen wissenschaftlichen Arbeiten ein großer Helfer und Förderer war, mich eingeladen, mit ihm eine Exkursion nach den westlichen Abhängen des Managascha zu unternehmen, da er dort bei früheren Besuchen Höhlen gesehen hatte, die näher zu untersuchen sich wohl empfehlen würde. 
Da sich dem Beginn meiner geplanten zweiten großen Inlandreise Schwierigkeiten entgegenstellten und der abessinische Leibarzt der Kaiserin Zauditou, der Hakim Gesau, uns sein Anwesen am Managascha als Wohnung zur Verfügung stellte, beschloß ich, die Reise zum heiligen Berge zu unternehmen.  Aus dem vorhandenen Expeditionsmaterial war schnell die kleine Karawane ausgerüstet und an einem herrlichen Frühlingsmorgen zogen wir, der Doktor, seine Gattin und ich, los.

Nach neunstündigem Ritt, der uns durch duftenden Eukalyptuswald und über weite Hügelwellen und Grassteppen führte, erreichten wir nach steilem Aufstieg in brennender Sonne schließlich unser Ziel, das Dorf des Hakim Gesan.  In der Sommerhütte desselben, die fürsorglich für uns hergerichtet war, bezogen wir Quartier und richteten uns für einige Tage häuslich ein.  Dann unternahmen wir einen ersten Gang zu den Höhlen, die Dr. Gavriloff erkundet hatte.



(Bildquelle/-text: Buch "Vom heiligen Nil ins Reich des Kaisergottes von Kaffa", Max Grühl, 1929, Die Buchgemeinde Berlin)
Blick über die Landschaft am Managascha



Steil bergauf führte uns der Weg, den wir mit dem Buschmesser durch dichtes Urwaldgestrüpp schlagen mußten.  Endlich standen wir vor dem gewaltigen Portal der "Gavriloff-Höhle".  Ein dichtes Rankenwerk aus Lianen und anderer Pflanzen hatte in jahrhundertelanger Unberührtheit ein Netz vor den Eingang gewoben.  Erst nach harter Arbeit konnte es von uns niedergelegt werden.  Nur mit größter Scheu hatten uns einige Eingeborene bis hierher geleitet; die Höhle zu betreten weigerten sie sich.  So mußten wir denn allein eindringen.

Durch unsern Eintritt wurde ein Schwarm von fliegenden Hunden aufgestört und umflatterte gespenstisch unsere Fackel.  In tausendstimmigem Chor tönte aus den Felsenspalten das Geschrei der Brut der Flattertiere!
Schon bei ganz oberflächlicher Untersuchung der Höhle wurde uns klar, daß dieselbe zweifellos in sehr früher Zeit Wohnzwecken gedient hatte. 
An den Wänden fanden sich Spuren uralter Felszeichnungen in der Art, wie sie aus anderen vorgeschichtlichen Wohnhöhlen bekannt geworden sind.  Den Boden der Höhle bedeckt eine erhebliche Schicht von Höhlenlehm, dessen Abtragung gewiß wertvollen Aufschluß über den Urmenschen, der hier seine Wohnung hatte, und über die urgeschichtlichen Verhältnisse des Landes bringen wird.



(Bildquelle/-text: Buch "Vom heiligen Nil ins Reich des Kaisergottes von Kaffa", Max Grühl, 1929, Die Büchergemeinde Berlin)
Dr. Gavriloff vor dem Eingang der "Gavriloff-Höhle"



Die größere Entdeckung brachte uns der nächste Tag.  Schon während des Marsches war mir kurz vor unserm Ziel aufgefallen, daß die Abdachung des unserem Standorte zunächst liegenden Vorhügels des Managascha eigenartige Terrassen aufweist, die unbedingt nicht auf natürliche Weise entstanden sein konnten.  So fanden wir denn auch bei näherer Untersuchung den ganzen Hügel durch Wohnhöhlen unterminiert.  Vor den Eingängen der einzelnen Höhlen liegen Terrassen, die wohl als Vorplatz dienten, und auf denen sich das tägliche Leben der Höhlenmenschen abspielte.  Während wohl an fünfzig einzelne Terrassen feststellbar waren, läßt sich die Zahl der Höhlen nicht angeben.  Nur einzelne derselben konnten wir zugänglich machen.  Eine der Höhlen wurde sogar noch in neuerer Zeit von heutigen Bewohnern des Berggebietes, Galla, als Stall benutzt.  Die untersuchten Höhlen umfassen in der Regel eine Vorhöhle, mit der durch einen Gang die eigentliche Wohnhöhle verbunden ist.  Von ihr zweigen wieder Seitenkammern ab.  Infolge der Abdachung des Höhlenhügels waren die Höhlenwohnungen sowohl von der Terrasse durch die Vorhöhle, als auch durch einen Einsteigeschacht von obenher betretbar.  In einigen Höhlen fanden sich Steinsäulen als Deckenträger.  Die ehemalige Feuerstelle war in allen untersuchten Höhlen erkennbar.  An Werkzeugen der Urmenschen fanden sich einige Messer aus Obsidian und Feuerstein.

Die zur Verfügung stehende Zeit und der Mangel geeigneter Werkzeuge erlaubten uns nicht, sofort mit der Ausgrabung der vorgeschichtlichen Stadt am Managascha zu beginnen.  Oberflächliches "Buddeln" würde sicher auch mehr Schaden als Nutzen gebracht haben.  Nur durch systematische Grabungsarbeit kann wissenschaftliche Klarheit geschaffen werden.  Erst wenn die Höhlenstadt vom Schutt der Jahrtausende befreit ist und körperliche Reste der Höhlenmenschen gefunden sein werden, wird es möglich sein, von ihrer Art und ihrer Kultur zu reden.  Vielleicht sind jene primitiven Eingeborenen, die ich in geringer Zahl in den Tiefen der Bergwälder im westlichen Gallaland und in den Urwäldern Kaffas fand, die letzten lebenden Nachkommen der Höhlenbewohner aus der Blütezeit der Managascha-Stadt.

Max Grühl




Quellen und Hinweise:
1) Heft 1 "Wassermann" von Hanns Fischer, 1. Jahrgang, Januar 1931

2)
Siehe den Aufsatz auf unserer Netzseite: Wanderung, Wohn- und Zufluchtsstätten

3)
Buch "Vom heiligen Nil - ins Reich des Kaisergottes von Kaffa" von Max Grühl, 1929, Die Buchgemeinde Berlin

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Heute, im Jahr 2011, liegt der Berg Managascha im "Menagesha National Park" zirka 35 km westlich von Addis Abeba (Äthiopien).